Vorgaben zu den Rückbaukosten bei Windkraftanlagen

Die Vereine Gegenwind Freigericht und Gegenwind Bad Orb hatten sich im Juli 2024 gemeinsam an die zuständigen Ministerien und den hessischen Rechnungshof wegen der aus unserer Sicht viel zu niedrigen Vorgaben zu den Rückbaukosten und zur Beseitigung der Bodenversiegelungen bei Windkraftanlagen gewandt.

Vorsprung Online hat am 15. Oktober 2024 im Artikel “Windkraftanlagen: Kosten für Rückbau doch viel höher?” unsere Stellungnahme zum Antwortschreiben des Hessischen Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt und des hessischen Rechnungshofs veröffentlicht.

Hier Ausschnitte:

Die Höhe der Sicherheitsleistung bemisst sich … aktuell nach der Formel 1.000 Euro pro Meter Nabenhöhe. Bezogen auf die aktuell geplanten Windkraftanlagen im Sülzert … sind dies circa 175.000 Euro pro Windrad. (…) Nach eigenen Berechnungen kommt der Verein zu tatsächlichen Kosten ohne Berücksichtigung der Inflation von mehr als 1,3 Millionen Euro im Durchschnitt je Windrad. (…) Insgesamt ist nach Auffassung der Gutachter der Berechnungsansatz aus Nordrhein-Westfalen vorzugswürdig, welcher eine Rückstellungsleistung in Höhe von 6,5 Prozent der Investitionskosten vorsieht. (…) Eine Berücksichtigung des risikoaversen Berechnungsansatzes zur Absicherung gegen unplanbare Kosteneffekte würde bei den möglichen Investitionskosten von circa 100 Millionen Euro für den Windpark Sülzert zu circa 10 Millionen Euro Sicherheitsleistung zuzüglich anfallender Preissteigerungen führen.

Nachfolgend das Original unserer Stellungnahme zum Antwortschreiben des Hessischen Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt und des hessischen Rechnungshofs:

Die Vereine Gegenwind Freigericht und Gegenwind Bad Orb hatten sich im Juli gemeinsam an die zuständigen Ministerien und den hessischen Rechnungshof wegen der aus ihrer Sicht viel zu niedrigen Vorgaben zu den Rückbaukosten und zur Beseitigung der Bodenversiegelungen bei Windkraftanlagen gewandt. Die Höhe der Sicherheitsleistung bemisst sich in Hessen aktuell nach der Formel 1.000 € pro Meter Nabenhöhe. Bezogen auf die aktuell geplanten Windkraftanlagen im Sülzert sind dies rd. 175.000 €. Nach eigenen Berechnungen kommt der Verein zu tatsächlichen Kosten ohne Berücksichtigung der Inflation von mehr als 1,3 Mio. € im Durchschnitt je Windrad. Die im Folgenden aufgeführten Antwortschreiben der Ministerien und des Rechnungshofs zeigen, dass die aufgezeigten Schwachstellen bei der bestehenden Berechnungssystematik im politischen Raum angekommen sind und die kommunizierten Signale deuten in die richtige Richtung sagen Rudi Kögler, Vorsitzender des Vereins Gegenwind Freigericht und Heinz Josef Prehler, Vorsitzender des Vereins Gegenwind Bad Orb.

Der hessische Rechnungshof hat sich für die Eingabe bedankt und mitgeteilt, dass er aktuell mit einer Prüfung zum Thema Windkraftanlagen und deren Rückbau befasst ist. Ergebnisse zu dieser Prüfung sollen voraussichtlich Ende des Jahres vorliegen und auf der Homepage rechnungshof.hessen.de veröffentlicht werden. Wir werden uns diese Ergebnisse sehr genau anschauen und alles daransetzen, dass im Genehmigungsverfahren realistische Kostenansätze zur Anwendung kommen, so die zweite Vorsitzende des Vereins Gegenwind Freigericht Edith Roßbach.

Das hessische Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat hat dem Verein mitgeteilt, dass gemeinsam mit dem Land Niedersachsen ein Gutachten beauftragt werden soll, in dem auch eine neue Berechnungsmethode erarbeitet werden soll, die zukünftige Steigerungen von Rückbaukosten mit abbilden wird. Im Zusammenhang mit der Rückbauthematik verweist das Ministerium auch auf den im März 2023 vom Umweltbundesamt herausgegebenen Abschlussbericht „Entwicklung eines Konzepts und Maßnahmen zur Sicherung einer guten Praxis bei Rückbau und Recycling von Windenergieanlagen“.

Danach ist das übergeordnete Ziel einer Berechnungsformel, die tatsächlichen Rückbaukosten möglichst treffsicher abzubilden und dabei den Aufwand für die Erhebung und Prüfung der Eingangsgrößen sowie für die Berechnung überschaubar zu halten. Zur Sicherung einer guten Rückbaupraxis, auch für moderne Windkraftanlagen, wird die Anpassung der länderspezifischen Berechnungsformeln und die Einforderung höherer Sicherheitsleistungen grundsätzlich empfohlen. Insgesamt ist nach Auffassung der Gutachter der Berechnungsansatz aus Nordrhein-Westfalen vorzugswürdig, welcher eine Rückstellungsleistung in Höhe von 6,5% der Investitionskosten vorsieht. Zur Absicherung gegen unplanbare Kosteneffekte könnte dieser Wert beispielsweise auch auf 10% angehoben werden.

Es werden auch Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Kostensteigerungen ausgesprochen. Die Rückbaukosten fallen nach der Nutzung der WEA an und müssen daher die Rückbaukosten zum Zeitpunkt des Erreichens der Nutzungsdauer, welche im Regelfall bei 20 Jahren liegt, abdecken können. Es wird empfohlen, zukünftige Steigerungen der Rückbaukosten in einem Berechnungsansatz mit abzubilden. Um die Volatilität von Kostensteigerungen im Rückbau abzubilden, wird daher eine Kopplung des Berechnungsansatzes an entsprechende Preisindizes des statistischen Bundesamtes befürwortet.

Eine Berücksichtigung des risikoaversen Berechnungsansatzes zur Absicherung gegen unplanbare Kosteneffekte würde bei den möglichen Investitionskosten von rd. 100 Mio. € für den Windpark Sülzert zu rd. 10 Mio. € Sicherheitsleistung zuzüglich anfallender Preissteigerungen führen.

Eine Berücksichtigung dieser Größenordnung für die Rückbaukosten sollten die Gemeindevertreter bei der aktuell noch ausstehenden Wirtschaftlichkeitsberechnung des Projektierers mindestens einfordern. Nur so kann sichergestellt werden, dass den Betreibern während der Betriebsdauer keine Erträge zufließen, die am Ende der Laufzeit vollumfänglich für den Rückbau der Anlagen benötigt werden. Nur über einen adäquaten Kostenansatz sind auch die gesetzlichen Vorgaben des § 35 Absatz 5, Satz 2 aus dem Bundesbaugesetz zum Rückbau und zur Beseitigung der Bodenversiegelungen zu erfüllen.

Dipl. Ing. Klaus Kress, der als Kalkulator im internationalen Großanlagenbau für Investitionskostenermittlungen und Wirtschaftlichkeitsbewertungen verantwortlich ist, hat für den Verein Gegenwind Freigericht eine detaillierte Abschätzung der Rückbaukosten für die Windräder in der vorgesehenen Größe ermittelt und kommt im Ergebnis zu noch höheren Rückbaukosten.

Am 25.10.2024 hat GNZ über den aktuellen Stand informiert:

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